Auch wenn man das beim Lesen in Foren oder Facebook-Gruppen oft kaum glauben kann: wir alle waren mal Anfänger. Und auch wenn ich den Ton nicht gut finde, mit dem Anfängerfragen auf solchen Plattformen oft begegnet wird, finde ich dass man auch als Anfänger ein klein bisschen aufpassen muss, um nicht die typischen Anfängerfehler zu begehen.
Die "dümmsten" habe ich hier mal aufgelistet. Dieser Beitrag wird laufend erweitert - falls ihr auch ein Thema habt, das in diese Liste gehört, freue ich mich auf Eure Mail.
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"Mein Verkäufer hat mich nicht richtig informiert" (Untertitel: "Verkäufer" kommt von "verkaufen")::Ein sehr häufiges Problem ist die fehlende Initiative der künftigen Halter, sich selbst in Büchern oder im Internet über die Tiere und deren Anforderungen zu informieren. Was vielen wohl nicht klar ist, Verkäufer sind normalerweise nicht dazu da den zukünftigen Halter zu informieren, sondern wie es der Name schon sagt - zu "verkaufen".
Das hört sich negativ an, ist aber nicht negativ gemeint, denn eigentlich haben die Verkäufer neben all den anderen Aufgaben wie Warendisposition, Regalpflege, MHD Kontrolle, Bestandskontrolle, Angebotspräsentation, Pflege der Tiere etc. schlichtweg keine Zeit für umfangreiche und fundierte Beratungen und meist fehlt auch das Wissen. Hier ein paar der üblichsten Aussagen zum Thema Verkäufer, die ich im Lauf der Zeit gehört oder gelesen habe:
Der Verkäufer der Tiere hat mir gesagt, dass ich die Tiere...
... bei meinen Wasserwerten halten kann, obwohl eigentlich andere Haltungsbedingungen bekannt sind.
... in meinem Aquarium halten kann, obwohl größere Aquarien für die dauerhafte Haltung angegeben werden.
... einzeln halten kann, auch wenn sie normalerweise in Gruppen gehalten werden sollten.
Der Verkäufer der Tiere hat mir nicht gesagt, dass die Tiere...
... so groß werden.
... spezielle Wasserwerte benötige.
... nicht zu meinem bisherigen Bestand passen.
Diesen Fehler könnt ihr ganz einfach vermeiden - einfach vor dem Kauf selbst schlau machen!
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"Mein Wasser ist in Ordnung, aber meine Tiere sterben"::Ok, natürlich kann ein Sterben auch andere Ursachen als die Wasserparameter haben, z. B. Krankheiten oder Bakterienprobleme. Mir geht es hier nur um die Aussage an sich, denn "in Ordnung" sagt nichts aus. Warum, ich erkläre das mal an einem Beispiel:
Eine Kardinalsgarnele braucht einen hohen ph-Wert, am Besten über 8. Das wäre für eine Bienengarnele aber absolut untragbar. Damit also in Foren oder Facebook-Gruppen schnell geholfen werden kann, unbedingt alle Werte notieren und zusammen mit Bildern oder einer möglichst detaillierten Problembeschreibung an die Profis richten.
Die Problembeschreibugn sollte folgende Fragen beantworten:
- Aufbau und Besatz des Aquariums (Bodengrund, Deko, Filter, Pflanzen, Wasserzusätze, Besatz...)
- Wasserwerte (und wie wurden diese Werte ermittelt: Tröpfchentest, Ratestäbchen...)
- wie lange läuft das Aquarium
- wann wurden die Tiere eingesetzt
- wie und wie oft wird der Wasserwechsel durchgeführt und wieviel Wasser wird gewechselt (Leitungswasser, Osmosewasser, wieviel Liter, wie oft...)
- wurde vor dem Sterben etwas Neues ins Aquarium eingebracht? (Deko, Tiere, Pflanzen, Wasserzusätze, Laub...)
falls ja: wurden diese Dinge vorher behandelt/gewässert... und wenn ja, wie lange?
- wie sehen die toten Tiere aus / wie haben sie sich vor dem Tod verhalten / wie verhalten sich die lebenden Tiere
- seit wann sterben Tiere / wie viele Tiere sind gestorben / wie viele leben noch
- was und wie oft wird gefüttert
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"Ich habe Hartwasser, meine Tiere brauchen Weichwasser mit niedrigem ph-Wert. Osmose, Salz und Soil ist mir aber zu teuer"::Eins gleich vorweg genommen - das ist eine Rechnung, die nie aufgeht. Es gibt auf Dauer keine Alternative zu geeigneten Wasserwerten.
Überlegt mal, wie viel ihr für den Besatz Eurer Wahl (z. B. Weichwassergarnelen wie Red Bee) investieren müsst. Selbstverständlich werden die Tiere auch in Hartwasser mit ungeeignet hohem ph-Wert erstmal überleben. Die Erfahrungen anderer Züchter und Halter haben aber gezeigt, dass spätestens nach 6 Monaten das grosse Sterben anfängt und wenn überhaupt nur noch Einzeltiere übrig bleiben.
Nun heisst es also Tiere nachkaufen und wieder versuchen, diese bei ungeeigneten Werten zu halten und evtl. auch zu züchten. Denn auch bei passenden Wasserwerten benötigt man immer Nachwuchs aus den eigenen Reihen, um Verluste auszugleichen. Je nachdem wie stark Euer Wasser abweicht, wird aber kein oder kaum Nachwuchs hochkommen und man kann schon mal hochrechnen, welche Summe man für den nächsten Besatz einkalkulieren muss.
Rechnet man dagegen einfach mal aus, was ein paar Liter Osmosewasser im Monat, etwas Bee Salz und ein Sack Soil kosten, merkt man schnell dass die Rechnung mit dem Sparen nicht aufgeht. Und selbst wenn man den moralischen Faktor mal unbeachtet lässt, auch für hartgesottene Aquarianer ist es nicht schön, regelmäßig tote Tiere aus dem Aquarium zu fischen.
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"Mein Züchter sagt, er züchtet die Tiere in normalem Leitungswasser. Daher werde ich sie auch in Leitungswasser halten"::Leider taucht das Leitungswasserthema immer wieder in den Foren und Gruppen auf. Vor kurzem habe ich den Kommentar eines Züchters von Kardinalsgarnelen gelesen. Er hat einem Anfänger dazu geraten, die Tiere in Leitungswasser zu setzen da er selbst Kardinalsgarnelen erfolgreich in Leitungswasser züchtet. Beim Hinterfragen der Aussage stellten wir fest, dass der Züchter zufällig sehr weiches Leitungswasser mit einem relativ hohen ph-Wert hat. Seine Aussage verleitet aber andere, die nicht über das passende Leitungswasser verfügen, ihre Tiere auch einfach in Leitungswasser zu setzen.
Daher sollte man den Begriff Leitungswasser nie ohne zusätzliche Angabe des Leitwerts verwenden. Bei sensibleren Tierarten reicht dies natürlich nicht aus, hier sollten auch die restlichen Parameter angegeben werden. Und der Begriff "normales" Leitungswasser ist sowieso schlichtweg dumm, oder hat jemand auch "unnormales Leitungswasser"? Die "normalen" Werte beziehen sich ja auf das, was durch der jeweiligen Region (weiches/hartes Wasser) oder durch die Zugabe von den Wasserwerken rauskommt. Und das kann man nur in Werten ausgeben und nicht in normal / unnormal... :-)
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Unterscheidung von Babykrebsen und Garnelen - "ich wollte Garnelen und habe Babykrebse bekommen"::Das hört sich wirklich unglaublich an, ist aber tatsächlich schön öfters passiert. Für mich zum ersten Mal in einer deutschen Facebook-Gruppe. Eine junge Frau zeigt das 30 Liter Nano mit ihren neuen, wunderschönen blauen Garnelen mit der Frage, warum sich die Tiere gegenseitig fressen. Sie war wirklich verzweifelt. Sie hatte die Garnelen in einem Aquaristikladen gekauft (ich sage bewussst nicht "Fachgeschäft").
Ein paar Detailbilder später stand fest - statt 10 blaue Garnelen wurden ihr 10 blaue Floridakrebse verkauft, die den Rahmen des Nanos schon als Babys sprengen. Auf Rückfrage im Laden wurde festgestellt, dass der Verkäufer sie keinesfalls betrügen wollte, sondern die Tiere selbst als Garnelen angekauft hatte.
Das hätte man aber leicht verhindern können, denn Garnelen und Krebse unterscheiden sich selbst als ganz kleine Winzlinge nicht nur durch den Körperbau, sondern auch durch die Anzahl/Anordnung der Scheren. Chris Lukhaup/Reinhard Pekny bringen es in ihrem Buch "Krebse im Aquarium" auf den Punkt (natürlich muss man vom Normalzustand ohne fehlende Gliedmaßen ausgehen). Ich gebe hier lediglich den Inhalt, aber kein Zitat wieder:
Garnelen:
Die ersten 2 Schreitbeinpaare verfügen über eine Schere, wobei meistens die Scheren des zweiten Schreitbeinpaars am kräftigsten ausgebildet sind. Bei Fächergarnelen sind beide Scheren zu einem Fächer ausgebildet.
Flusskrebse:
Die ersten 3 Schreitbeinpaare haben an ihrem Ende eine Schere. Immer die erste Schere wird als große Krebsschere ausgebildet.
Bei Krabben verfügt übrigens nur das erste Beinpaar über eine Scheren.
Da ich gerade beim Thema bin, das Buch "Krebse im Aquarium" von Chris Lukhaup/Reinhard Pekny ist wirklich jedem Einsteiger in die Welt der Krebse absolut zu empfehlen.
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