Cambarus rusticiformis gehören für mich mit ihrem markanten Körperbau und der farbenprächtigen Färbung zu einer der schönsten amerikanischen Krebsarten. Da die Zucht durch die benötigte Kältephase viel schwieriger ist als bei anderen Arten, werden sie nur von wenigen Haltern in Deutschland gezüchtet.
Der Cambarus rusticiformis war für viele Jahre ganz oben auf meiner Wunschliste. Da er aber kaum im Handel angeboten wird und ich nur 1 Freund (Markus Güsgen) kenne, der diese Krebse bereits mehrfach erfolgreich in Deutschland nachgezüchtet hat, hatte ich lange Zeit keine Chance diese wunderschöne Krebsart zu bekommen. Umso glücklicher war ich im Sommer 2015, von Markus Güsgen 2 Pärchen und gleichzeitig auch viele wertvolle Tipps zu Haltung und Zucht zu bekommen.
Cambarus rusticiformis werden etwa 10 cm groß und fallen durch ihren kräftigen, kompakten Körperbau, massive Scheren und ihre auffällige, akzentreiche Färbung auf.
Meine Tiere sind übrigens deutsche Nachzuchten. Ich habe die beiden Pärchen am 12.07.2015 bekommen - da waren es noch ganz kleine Racker, ca. 2 cm groß. Noch in der Transportbox hab ich dann schnell ein paar Schnappschüsse gemacht:
Beckeneinrichtung, Vergesellschaftung und Futter:
Cambarus rusticiformis stammen aus den USA und kommen dort in Tennessee und Georgia vor. Chris Lukhaup hat mir gesagt, dass er Cambarus-Arten meist in kühleren, schnell fliessenden, sauerstoffreichen und sauberen Bächen/Flüssen gefunden hat. Sie leben dort unter Steinen und in Steinritzen.
Pflanzen, Wurzeln und Laub sind in diesen Gewässern kaum vorhanden. Da sie gern Steine untergraben um sich Höhlen zu bauen, sollte man Höhlen, Röhren und Verstecke anbieten und mögliche Aufbauten vor dem Umstürzen durch Grabetätigkeiten sichern. Meine Aquarien habe ich mit Tonröhren ausgestattet und achte auf regelmäßige Wasserwechsel, hohen Sauerstoffgehalt, geringe Temperaturen und gute Wasserqualität. Ich halte die Tiere separat, um Verletzungen oder Todesfälle nach Häutungen auszuschließen. Daher habe ich keinerlei Erfahrungen, ab welcher Aquariengröße man ein Pärchen oder eine Gruppe erfolgreich auf Dauer halten kann.
Ein guter Indikator für den Sauerstoffanspruch eines Krebses ist übrigens die Areola (Rückenfuge). Je breiter die Areola, desto höher ist der Sauerstoffanspruch der Krebsart. Wie man bei der Dorsalansicht (Draufsicht) erkennen kann, ist die Areola des Cambarus rusticiformis sehr breit (Bild lässt sich auf Klick vergrößern, hier hab ich Euch die Rückenfuge markiert):
Hier die Areola des Procambarus clarkii ghost als Vergleich (anklicken zum vergrößern):
Wie alle meine Cambarus und Orconectes Arten fressen auch die Cambarus rusticiformis sehr gerne Lebendfutter wie Schnecken, Garnelen oder Würmer. Um sicherzustellen, dass die Krebse auch in der Kältephase und bei seltenen Futterintervallen immer ausreichend Futter haben, vergesellschafte ich sie ganzjährig mit Neocaridina Garnelen und Schnecken und habe immer Laub in den Aquarien. Die Garnelen und Schnecken dienen außerdem als Futterverwerter für nicht gefressenes Futter.
Außerdem füttere ich mein selbst hergestelltes Spirulinafutter sowie Novo Crabs von JBL. Anfangs habe ich bei den Cambarus und Orconectes Arten auch Gemüse wie Hokkaido Kürbis, Erbsen und Gurke ausprobiert, aber schnell festgestellt, dass diese Arten lieber tierische und proteinreiche Ernährung mögen. Deswegen hatte ich erst Angst vor Häutungsproblemen, die sich aber bis heute nicht eingestellt haben. Auf Gemüse verzichte ich mittlerweile fast komplett, weil mir das Risiko von zu hoher Wasserbelastung durch Zuckerstoffe einfach zu groß ist.
Geschlechtsunterscheidung und Zucht:
Die Geschlechterunterscheidung bei Cambarus ist sehr einfach, wie auch bei Cambarellus und Procambarus. Die Weibchen haben zwischen dem vorletzten und letzten Schreitbeinpaar eine kleine Öffnung, man nennt sie Annulus ventralis, in dem sie Samen speichern können. Am 3. Schreitbeinpaar (von hinten gezählt) haben die Weibchen Gonoporen, die wie kleine, glatte Kreise aussehen. Hier ein Bild auf dem ich die Geschlechtsmerkmale des Weibchens markiert habe:
Hier seht ihr das Männchen - rechts habe ich Euch die männlichen Geschlechtsmerkmale (die V-förmig angeordneten Gonopoden) im roten Kreis markiert:
Leider waren meine Tiere dieses Jahr noch zu klein, um eine Nachzucht zu probieren. Die Weibchen zeigten keinen Zuchtansatz (weiße Ausprägungen an der Unterseite des Schwanzfächers) und die Männchen dementsprechend kein Interesse. Leider kann man Cambarus rusticiformis nur 1x im Jahr vermehren und die Zucht ist auch viel aufwendiger als bei anderen Krebsarten wie z. B. dem Procambarus clarkii ghost. Während sich der Procambarus clarkii ghost ohne großes Zutun des Halters von ganz alleine vermehrt, muss man bei Krebsen der Gattung Cambarus für eine Kältephase sorgen. Bei mir beginnt die Kältephase Ende November und geht bis Ende April. Anfangs habe ich das über einen Aquarienkühler von Arcadia umgesetzt. Damit habe ich die Aquarien der Kaltwasser-Anlage langsam auf unter 7 °C gekühlt und konnte sowohl das Herunterkühlen, die Kältephase selbst und auch den Temperaturanstieg durch Variieren der Temperatur so naturnah wie möglich gestalten. Als Nachteil hatte ich natürlich sehr hohe Stromkosten. Mittlerweile habe ich aber zu viele Aquarien, daher experimentiere ich gerade etwas mit dem Herunterkühlen des gesamten Aquarienraums.
Paarung und Zucht
Zur Paarung dreht das Männchen das Weibchen auf den Rücken, fixiert es mit seinen Scheren und bringt dann sein Sperma mittels der Begattungsgriffel in ihre Geschlechtsöffnung (Annulus ventralis) ein. Diese dient als Samenspeicher, das Weibchen kann das Sperma hiermit bis zur nächsten Häutung speichern.
Wie man erkennen kann, setze ich die Tiere aus der Einzelhaltung zur Paarung in Kunststoffboxen zusammen. Markus hat hier ein anderes System - er setzt das Weibchen zum Männchen ins Aquarium. Leider hat das bei mir noch nicht geklappt, lediglich in der Box haben ein paar Paarungen stattgefunden.
Die Paarungen finden im Herbst und Winter statt und wenn alles geklappt hat tragen die Weibchen im Frühjahr. Im Gegensatz zur Zucht von Krebsen ohne Kältephase wird die Dauer der Eientwicklung bis zum Schlupf nicht in Tagen bzw. Wochen gerechnet. Da sich diese Eier bei so geringen Temperaturen entwickeln, rechnet man dies in „Tagesgraden“. Je wärmer, desto kürzer die Tragzeit, da die benötigte Anzahl an Tagesgraden schneller erreicht ist. Wer nun aber auf die Idee kommt, die tragenden Weibchen einfach ins Warme zu setzen, wird damit keinen Erfolg haben. Bei zu starken Temperaturwechseln kommt es zu Schockhäutungen und somit zum Verlust der Eier.
- Update 18.03.2018: Leider hab ich im Herbst 2017 eins meiner Männchen nach einer Paarung verloren und ein Weibchen bei einer anderen. Ich habe nun also nur noch 1 geschlechtsreifes Pärchen. Das Weibchen davon ist mehrfach begattet, trägt aber leider noch keine Eier. Also heißt es nun Hoffen und Bangen, dass es noch klappt.